Sie standen im Rampenlicht, sie schlüpften mehr denn je zuvor in die Rolle als Vorbilder. Österreichs Teamkicker lebten mit der Teilnahme an der EURO in Frankreich genau das vor, wovon tausende von Nachwuchskickern in diesem Land träumen. Endstation Sehnsucht.
Die Wege dorthin waren für die Koller-Schützlinge dermaßen unterschiedlich, dass eines klar ist: Eine Karriere auf dem Reißbrett ist nur schwer möglich. Jungkicker und deren Eltern können sich nicht an einem Patent-Rezept zum sportlichen Erfolg festhalten. Soll ein Talent zuerst in der österreichischen Bundesliga Fuß fassen, ehe man den Sprung ins Ausland wagt? Oder muss man nicht dem ersten Lockruf eines guten Klubs Folge leisten, weil sich so viele Möglichkeiten vielleicht nicht ergeben werden?
Wie verschieden die Verläufe der Karrieren der Teamkicker waren, zeigt der folgende Überblick:
DAS BEISPIEL MARC JANKO
Der Stürmer begann seine Fußballkarriere 1990 bei der Admira, ein Verein mit traditionell guter Nachwuchsarbeit, Jahrzehnte lang vielleicht jener Verein in Österreich, der die beste Ausbildung anbot. Nach vielen Verletzungen aufgrund von Wachstumsschüben schaffte er 2003 dennoch den Sprung vom Amateurkader in die A-Mannschaft. Es folgten sein erstes Spiel in der Bundesliga im Dezember 2004 und sein erstes Tor in der obersten Spielklasse. 2005 erfolgte der Wechsel nach Salzburg. Bei Red Bull gelang Janko dann der Durchbruch.
Bis zum Frühjahr 2006 hatte er sich einen Stammplatz in der Startelf erkämpft und er erzielte bei insgesamt 17 Einsätzen in dieser Saison elf Tore. Nach der Enttäuschung, nicht für die Heim-EM 2008 nominiert zu werden, kam ein Höhenflug, wie ihn sich Janko wohl selbst nicht vorgestellt hatte. Die offensive Spielausrichtung unter Trainer Adriaanse behagte Marc Janko. Am Ende der Saison wurde Janko mit 39 Treffern Torschützenkönig und gewann den Goldenen Schuh der UEFA.
Die Karriere verlief auch in Folge kontinuierlich – und ansteigend. Im Sommer 2010 wechselte er schließlich um sieben Millionen Euro zu Twente Enschede nach Holland. Mit dem Klub spielte er in der Champions League und gewann den holländischen Cup. Rückschläge gab es für Janko beim FC Porto, sein Gastspiel dauerte nur ein halbes Jahr, und vor allem danach bei Trabzonspor in der Türkei. Dort wurde er nach kurzer Zeit aussortiert und zum Einzeltraining verdonnert. „Diesen Transfer hätte ich mir sparen können“, meinte Janko später. „Aber ich habe mich von den Umständen nicht unterkriegen lassen.“
Teamchef Marcel Koller hielt an seinem Goalgetter fest, auch als der für den FC Sydney stürmte und traf und zu jedem Länderspiel eingeflogen wurde. Nach einer Saison kehrte Janko nach Europa zurück, zum FC Basel. Die EURO war für ihn ein Highlight, das letztlich nicht nach Wunsch verlief.
DAS BEISPIEL JULIAN BAUMGARTLINGER
Etwas anders verlief die Karriere des Mittelfeld-Motors in Österreichs Team. Julian Baumgartlinger begann im Alter von fünf Jahren beim USC Mattsee mit dem Fußball. Früh wagte er den Schritt ins Ausland, in die Jugend des 1860 München. Dort wurde er gut ausgebildet, im November 2007 gab er Debüt in der Zweiten Bundesliga gegen Gladbach.
Im Sommer 2009 folgte ein vermeintlicher Schritt zurück nach Österreich. Baumgartlinger unterschrieb bei der Wiener Austria, die für ihn letztlich zum Sprungbrett wurde. Im Sommer 2011 wechselte er zu Mainz. Dort entwickelte sich Baumgartlinger zu einem Europaklasse-Spieler und parallel dazu zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Nationalteams. Der Salzburger spielte dermaßen konstant auf hohem Level, dass in diesem Sommer der nächste Schritt noch weiter hinauf mit dem Wechsel nach Leverkusen folgte.
DAS BEISPIEL ZLATKO JUNUZOVIC
Die Karriere des Zlatko Junuzovic liest sich ähnlich spannend wie sein Leben mit der Flucht vor dem jugoslawischen Bürgerkrieg nach Kärnten im Alter von fünf Jahren. Als Elfjähriger ging er von Kühnsdorf nach Graz in die Sporthauptschule und begann, für den GAK zu spielen. Über die Amateur-Mannschaft unter Trainer Harry Gamauf schaffte er den Sprung in die Kampfmannschaft. Trainer Walter Schachner wurde auf das Talent aufmerksam, im Mai 2005 debütierte Junuzovic ausgerechnet gegen Erzrivale Sturm.
Nach Ende der Frühjahrssaison 2007 wechselte Junuzovic zum neu gegründeten SK Austria Kärnten, wieder unter Trainer Schachner. Zwei Jahre später unterschrieb er bei der Austria, wo ihm dann endgültig der Durchbruch gelang. Er wurde 2010 zum Fußballer des Jahres in Österreich gewählt. Im Jänner 2012 wechselte Junuzovic aus dem Winter-Trainingslager der Austria im türkischen Lara zu Werder Bremen, wo er seitdem zu einer Fixgröße avancierte, ebenso wie im Nationalteam.
DAS BEISPIEL ALESSANDRO SCHÖPF
Wieder um eine Nuance anders gestaltete sich der Werdegang von Alessandro Schöpf. Er begann im Alter von fünf Jahren beim SV Längenfeld mit dem Fußballspielen. Nach acht Saisonen wechselte er in die Akademie Tirol. 2009 wagte er den Weg in den Nachwuchs von Bayern München. Nach zwei Jahren in der B-Jugend rückte er in der Saison 2011/12 in den Kader der A-Jugend auf und hatte durch fünf Tore und zwei Torvorlagen nach 25 Spielen Anteil am Gewinn der Meisterschaft. 2012 rückte Schöpf in die zweite Mannschaft auf und bestritt insgesamt 63 Spiele in der Regionalliga. Im November 2013 unterschrieb er einen bis 2016 laufenden Profivertrag beim FC Bayern.
Zur Saison 2014/15 verpflichtete ihn der Zweitligist Nürnberg, für den er am 3. August 2014 in der ersten Runde beim 1:0-Sieg im Heimspiel gegen Aue debütierte. Am 29. September 2014 erzielte er beim 3:2-Sieg im Heimspiel gegen Kaiserslautern seine ersten beiden Treffer in der Zweiten Bundesliga. Schöpf etablierte sich in der Folge in der ersten Mannschaft der Nürnberger. Am 9. Jänner 2016 wechselte er zu Schalke 04 in die Erste Bundesliga. Sein Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2019. Schöpf hat somit den Durchbruch geschafft und drängte sich auch Marcel Koller auf.
Der nahm ihn mit zur EURO 2016, wo Schöpf im dritten Gruppenspiel gegen Island das Tor zum 1:1 erzielte. Schöpf ist somit neben Ivica Vastic der einzige Österreicher, der jemals bei einer EM ein Tor erzielt hat.
Diese Beispiele zeigen, dass man auf unterschiedlichen Wegen zum Ziel gelangen kann. Alle waren sie bei der EURO 2016 in Frankreich mit von der Partie. Aus Sicht der jungen Talente haben sie es schon längst geschafft.