Frauen Vereinigung der Fußballer

Der Traum vom Sommermärchen

Ein Jahr nach den Herren der Schöpfung treten Österreich Fußball-Damen bei der Europameisterschaft an. Bei der Endrunde in den Niederlanden trifft man auf Frankreich, Schweiz und Island.

Was die Herren in Frankreich gegen Ungarn, Portugal und Island nicht schafften, das könnte ja vielleicht den Frauen gelingen: die Vorrunde zu überstehen, wenngleich es ein ganz schweres Unternehmen wird.

Gegner Frankreich

Frankreich gilt als Gruppenfavorit und weist gegen Österreich noch dazu eine makellose Bilanz auf. Die beiden Teams sind sich vier Mal in der Qualifikation zur FIFA-Frauen-WM begegnet. Frankreich hatte jedes Mal das bessere Ende für sich.

Gegner Schweiz

So wie Österreich geben auch die Schweizerinnen ihr Debüt bei einer EURO. Dafür haben sie es aber schon zur WM 2015 geschafft. Die einzigen Pflichtspielduelle zwischen diesen beiden Teams sind schon lange her. Man begegnete einander in der Qualifikation zur Endrunde 1997, als die Schweiz zu Hause mit 3:0 gewann und in Österreich mit 3:4 verlor. Das letzte Freundschaftsspiel gab es im August 2012, die Schweiz feierte dabei einen 2:1-Auswärtssieg. Jedenfalls ist das Duell ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern. Die Österreicherinnen Manuela Zinsberger, Carina Wenninger und Viktoria Schnaderbeck sind bei Bayern München Teamkolleginnen von Schweiz-Kapitänin Caroline Abbé und Vanessa Bürki. Die Österreicherinnen Virginia Kirchberger und Lisa Makas sowie Rahel Kiwic und Sandra Betschart aus der Schweiz spielen alle bei Freiburg. Sarah Zadrazil aus Österreich und die beiden Schweizerinnen Mandy Aigbogun und Lia Wälti spielen bei Turbine Potsdam. Die Österreicherin Elisabeth Tieber spielt in der Schweiz für Neunkirch. Man kennt einander.

Gegner Island

Ganz und gar nicht bekannt sind die Österreicherinnen mit den Isländerinnen. Die beiden Teams stehen sich zum ersten Mal gegenüber, was einzigartig unter den 24 Gruppenspielen der UEFA Women’s EURO 2017 ist. Island, da war doch etwas. 2016 in Frankreich, als die Herren im letzten Gruppenspiel 1:2 verloren und aus dem Turnier ausschieden. Auch diesmal ist Island der letzte Gruppengegner…

Der Erfolgslauf des Frauen-Nationalteams und die damit verbundene erste Qualifikation für ein Großereignis soll im heimischen Frauenfußball noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. „Ich hoffe, dass wir diesen Rückenwind für den Frauenfußball in den nächsten Wochen und Monaten nützen können, um noch mehr herauszuholen“, hofft Teamchef Dominik Thalhammer.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner vergleicht die Leistung von Thalhammer mit jener von A-Teamchef Marcel Koller. Denn beide konnten ihr Team zu einer EM-Endrunde führen. „Thalhammer hat im Endeffekt das gleiche gemacht und eine fantastische Qualifikation gespielt. Es wurde für den österreichischen Fußball Großartiges erreicht“, zog Ruttensteiner einerseits den Vergleich, andererseits den Hut.

Bis zum Hutziehen war es ein langer und steiniger Weg, der Jahre dauerte. Denn das Frauen-Team begann, wie auch der Teamchef zugibt, auf niedrigem Niveau. In einem ersten Schritt legte man sich eine Spielidee zu, die zur generellen ÖFB-Philosophie passte. Zunächst legte man den Fokus auf die Defensive samt einer Raumdeckung. „Danach ist es weiter gegangen in Richtung Pressing und Mittelfeldpressing“, so Thalhammer. Dieses System wendete man zum Beispiel auswärts gegen Frankreich, Nummer 4 der Welt, an. Österreich verlor zwar 1:3, die Französinnen zeigten sich aber erstaunt über das unangenehme Angriffspressing der Gegnerinnen.

Danach ging man einen Schritt weiter und verlegte sich mehr auf Ballbesitz. Die Folge war immer mehr Dominanz im Spiel, leichter konnte man Gegner unter Druck setzen, zu Fehlern zwingen. Vor allem aber entwickelte man eine Mentalität. Thalhammer ist von seinen Damen begeistert: „ich habe noch nie so eine Mannschaft erlebt, die so offen ist. Spielerinnen, die immer für Neues bereit sind und sich immer weiter entwickeln wollen und die nie stehenbleiben wollen.“ Das Erreichte soll eben nicht gut genug sein, die Teilnahme an der Europameisterschaft ein erstes Highlight, dem viele weiterer dieser Kategorie folgen sollen.

Ein Indiz dafür, dass die Entwicklung des Frauen-Nationalteams auch international für Aufsehen sorgt, ist die Tatsache, dass für den fixierten Spieltermin gegen Deutschland auch eine Anfrage des Spitzenteams aus den USA vorlag. „Diese Teams suchen sich ganz genau aus, gegen wen sie spielen wollen“, so Thalhammer. So durfte seine Mannschaft im Frühjahr gegen England für die EM testen. Trotz Niederlage machte man eine gute Figur und holte sich wichtige Erkenntnisse für den Ernstfall.

 

 

 

Der Weg ist das Ziel

Anlässlich des EURO-Meilensteins äußert ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner den Wunsch, dass sich künftig mehr Frauen für den Fußball begeistern können. Denn nur sieben Prozent all jener, die in Österreich Fußball spielen, sind weiblich“, rechnet er vor. „Da ist irrsinnig viel Luft nach oben.“ Nur 0,5 Prozent der weiblichen Gesamtbevölkerung sind im Fußball tätig. „Das wollen wir steigern.“ Die Chance auf mehr Aufmerksamkeit durch die EM soll zu mehr Nachhaltigkeit genützt werden.

Auf eine Euro-Phorie hofft auch Kapitänin Viktoria Schnaderbeck: „Da geht es um die ganze Vermarktung des Frauenfußballs.“ Vergleiche zu den Männern vor einem Jahr bei der EURO in Frankreich seien zwar nicht zulässig, „aber es  wäre doch  schön, wenn auch bei uns sov viel gepusht wird in der Öffentlichkeit“, wünscht sich Schnaderbeck. „So können wir den einen oder anderen neuen Fan gewinnen und möglicherweise junge Mädels für den Fußball begeistern.“

Flexibler Außenseiter

Natürlich hofft man beim ÖFB, dass die Frauen die Vorrunde überstehen können. Ruttensteiner verspricht im Vorfeld des Turniers: „Wir arbeiten beim ÖFB bei den Frauen mit der gleichen Professionalität wie bei den Herren.“ In der Betreuung der Nationalteams gebe es keine Unterschiede. „Bei aller Euphorie muss man die Erwartungshaltung am Boden halten. Wir sind dort Außenseiter. Wir haben dort nichts zu verlieren. Wir benötigen eine absolute Top-Leistung, sonst gibt es dort keine Punkte, keine Tore, keine Erfolge.“ Eine klare Ansage eines bewusst tief stapelnden Sportdirektors.

Der aber genau weiß, dass die Flexibilität durchaus ein Trumpf der Truppe ist. „Letztendlich hat uns eine Konstanz und eine Reife ausgezeichnet, die wir in den letzten Qualifikationen noch nicht hatten. Dadurch haben wir relativ wenige Tore kassiert und eindeutige Ergebnisse erzielen können“, bestätigt auch Schnaderbeck. „Wir haben unseren Spielstil mit Ball noch einmal verändert und verbessert und sind auf jeden Fall noch ein Stück flexibler geworden.“

Das verdankt man freilich Teamchef Thalhammer, der seit 2011 im Amt ist. „Er ist jemand, der immer auf die neuesten Trends eingeht. Einer, der unser Spiel immer voranbringen will. Das Zauberwort lautet Variabilität, sprich moderner Fußball in taktischer Hinsicht. Während andere Teams vielleicht stur in ihrem 4-4-2 bleiben, verändern die Österreicherinnen schon ihr System, wenn es die Situation erfordert.

 

Der Blick in die weite Zukunft

Nach der EM ist bekanntlich vor der WM. Dazwischen liegt die Qualifikation für die WM 2019 in Frankreich. In Gruppe 7 trifft Österreich auf Spanien, Finnland, Serbien und Israel. „Es ist eine Auslosung, mit der wir uns berechtigte Hoffnungen auf den zweiten Platz und das Erreichen der Play-offs machen können. Das ist unser primäres Ziel. Spanien hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung genommen. Aber wir konnten vor zwei Jahren in einem Testspiel gegen sie auswärts ein 2:2 holen. Finnland haben wir im Rahmen der letzten WM-Qualifikation in der Tabelle knapp hinter uns gelassen, Israel kennen wir ebenfalls sehr gut. Serbien ist gewissermaßen die Unbekannte“, so Teamchef Dominik Thalhammer in einer ersten Einschätzung im ÖFB Corner. Österreich startet am 19. September 2017 auswärts gegen Serbien in die Qualifikation.
Zum Modus: die sieben Gruppensieger qualifizieren sich neben Gastgeber Frankreich für die WM-Endrunde im Sommer 2019. Die vier besten Gruppenzweiten treten in zwei Play-off-Runden gegeneinander an, um den letzten europäischen Teilnehmer zu ermitteln.