Der SK Rapid Wien, 1899 gegründet, ist mit einer stolzen Bilanz von 32 Meistertiteln auch im 21. Jahrhundert noch die führende Kraft im Österreichischen Profifußball. Auch wenn die Hütteldorfer in der jüngsten Vergangenheit sportlich etwas ins Straucheln geraten sind und sich unter Goran Djuricin im Verlauf dieser Saison wieder gefangen haben, glänzen die Grün-Weißen Geschichtsbücher – wäre da nicht das Kapitel ‚LSV Markersdorf‘.
Rapid wien: deutscher Meister
Unter der Herrschaft des verbrecherischen Nazi-Regimes wurde Österreich vor etwa 80 Jahren als Ostmark in das „Deutsche Reich“ eingegliedert – so spielten die Vereine aus unserem Heimatland sowohl im Deutschen Pokal, als auch in der Deutschen Meisterschaft mit. Die Ostmark war damals in 16 verschiedene Spielklassen aufgeteilt, die jeweiligen Sieger der sogenannten Gauligen ermittelten dann in einer Endrunde den deutschen Meister, der im Jahr 1941 – unglaublich aber wahr – SK Rapid Wien hieß. Drei Jahre später starteten die Hütteldorfer wieder in der Gauliga Donau-Alpenland, kämpften dort mit Vereinen wie dem First Vienna FC, Wacker Wien, dem Wiener Sportclub oder auch dem LSV Markersdorf um den Einzug in die Endrunde der deutschen Meisterschaft. Sieger in dieser Saison war der First Vienna FC, Geschichte schrieben aber die Markersdorfer.
Luftwaffensportverein erhielt prominenten Zulauf
Der LSV Markersdorf an der Pielach, heute USC Markersdorf, wurde im Jahr 1939 gegründet und erlebte einen rasanten Aufstieg. Denn der Luftwaffenstützpunkt diente damals auch als „Auffanglager“ für eingerückte Fußballspieler und so schnürten sich auch prominente Namen wie Karl Durspekt (SK Admira Wien), Karl Sesta (Austria Wien), Lukas Aurednik (Rapid Wien), Adolf Huber (Austria Wien), Max Merkel (Wiener Sport-Club) und deutsche Teamspieler wie Walter Dzur (Dresdner SC) oder Paul Zielinski (Hamborn 07) bald im Pielachtal ihre Schuhe. Mit der Klasse, die diese Spieler mitbrachten, war der Aufstieg des LSV Markersdorf vorgezeichnet. So performte man bereits in der Saison 1934/44 in der Gauliga Niederdonau, in der auch der SK Rapid Wien vertreten war. Am 17. Oktober 1943 kam es dann zum Premierenduell der beiden Vereine: Markersdorf empfing Rapid und gewann das Hinrunden-Duell sensationell mit 2:1. Am 23. April 1944 kam es zum Rückspiel, welches mit einem 3:3-Remis endete und Rapid weiterhin in Abstiegsangst versetzte.
Die Saison beendete der LSV sensationell auf dem sechsten Rang, sogar noch vor Rapid (7.) oder Wacker Wien (8.). Es war nicht nur das erfolgreichste, sondern auch letzte Jahr des Luftwaffensportvereins: Aufgrund der Kriegsgeschehnisse mussten immer mehr Spieler in ihren Soldatendienst zurückkehren, worauf sich der Verein aus der Liga zurückzog und auflöste.
SC Markersdorf entstand
Trotz der Bombardierung der Alliierten zu Kriegsende, wonach der Ort in Schutt und Asche lag, dachte man in Markersdorf nicht daran, das Fußballspielen aufzugeben. So wurde am 5. November 1945 mit dem SC Markersdorf bereits ein neuer Verein gegründet, der ein Jahr später in den Meisterschaftsbetrieb der 2. Klasse Traisental zurückkehrte. 1969 begann man mit dem Bau einer neuen Sportanlage und feierte mit dem Aufstieg in die Gebietsliga 2003/04 einen Höhepunkt der Vereinsgeschichte. Sechs Jahre später, im Herbst 2010, erfolgte neben der Errichtung einer moderneren Sportanlage auch der Beitritt zur Sportunion. So wurde aus dem SC der USC Markersdorf, aktuell in der 1. Klasse West/Mitte vertreten.
Rot-Weiß-Rotes Unikat
Unglaublich aber wahr: Der Wolfsberger AC und Markersdorf waren bis September 2017 die einzigen beiden Österreichischen Klubs, die gegen den SK Rapid Wien eine positive Bilanz in der Meisterschaft vorweisen konnten. Da Wolfsberg unter Trainer Heimo Pfeifenberger am 23. September 2017 dem SK Rapid Wien aber mit 2:4 unterlag und somit in der Rapid-Bilanz neben acht Siegen auch die achte Niederlage sammelte, wurden die Markersdorfer mit einem Sieg und einem Remis über Nacht zum rot-weiß-roten Fußball-Unikat und dem einzigen Klub Österreichs, der gegen den Rekordmeister aus Hütteldorf positiv bilanziert! „Auch wenn es jetzt schon fast 75 Jahre her ist, hat man das ganze wohlwollend aufgenommen“, erzählt Helmut Brandstätter, aktueller Obmann des USC Markersdorf. Auch im Verein war der Rekord ein Gesprächsthema. „Man hat sich natürlich gefreut, dass man nach so vielen Jahren medial wieder wachgerüttelt wird. Gegen so einen Großklub wie Rapid Wien eine positive Bilanz zu haben, ist natürlich etwas Einzigartiges.“
Rekord auf Lebenszeit?
Momentan liegen ganze fünf Spielklassen zwischen Markersdorf und Rapid, wodurch die Pielachtaler wohl noch länger Rekordhalter bleiben werden. Ein zeitnahes Duell auf Meisterschaftsebene schließt Brandstätter lachend aus. „Nicht in den nächsten 70 Jahren und selbst dann nur, wenn Rapid zu uns herunterkommt.“ Für einen freundschaftlichen Test zur Klarstellung der Machtverhältnisse wäre Markersdorf jedenfalls bereit. „Dann bereiten wir uns vor und krempeln die Ärmel hoch, um diese Statistik zu verteidigen!“ Unter einer Voraussetzung: „Dann muss das Stadion aber auch ausverkauft sein“, lacht Brandstätter. Manche Geschichten schreibt eben nur der Fußball.