Dennis, wie blickst du mit etwas Abstand auf deine Spielerlaufbahn zurück? Ich hatte eine sehr schöne Zeit im Fußball, vielleicht war ich manchmal zu vorlaut und habe mir Dinge nicht gerade leichter gemacht. Ich würde aber nichts anders machen, obwohl ich natürlich gerne länger gespielt hätte. Man muss sich dem Leben aber immer anpassen.
Hast du dir bereits vor deiner Verletzungsmisere Gedanken über einen Plan B nach der Fußballer-Karriere gemacht? Gott sei Dank habe ich die Matura gemacht. Durch das Sport-BORG in Innsbruck hatte ich schon damals die Möglichkeit, als Profi meine Schule zu beenden und ohne diesen Abschluss könnte ich meinen heutigen Job nicht ausüben. Natürlich macht man sich während der Karriere Gedanken darüber, was man danach machen könnte. Jedoch bin ich der Meinung, dass es zwar viele Angebote gibt, aber ich bin nicht davon überzeugt, dass viele davon wirklich die Berufschancen nach der Karriere verbessern. Durch die immer kürzeren Verträge bei vielen Vereinen wird diese Weiterbildung auch noch zusätzlich erschwert. Aber alles in allem war es für mich eine super Zeit und ich möchte nicht eine Sekunde meiner Karriere missen.
Warum war für dich klar, dass du dem Fußballgeschäft den Rücken kehrst? Ich hätte nach meinem Karriereende durchaus Möglichkeiten und Angebote gehabt, aber es war eine bewusste Entscheidung. Es war eine tolle Zeit, ich hab’s genossen. Als Fußballprofi hast du den lässigsten Beruf, aber es gibt natürlich auch Schattenseiten. Und es ist einfach nicht meine Art, jemandem Sachen zu erzählen, die nicht so sind, deshalb ist das Fußballbusiness schon früh für mich weggefallen als spätere Berufsoption.
Weil du von Schattenseiten sprichst. Du warst selbst ein halbes Jahr ohne Verein – wie war die Zeit für dich? Die Zeit ohne Verein war im Nachhinein die schwierigste und zugleich wichtigste Zeit in meiner Laufbahn. Da ich in den Jahren davor eigentlich immer zu den Spielern mit den meisten Einsatzminuten zählte, war es für mich schon etwas verwunderlich, dass sich niemand aus der Bundesliga oder zweiten Liga bei mir meldete. Erst später nahm Franco Foda Kontakt zu mir auf und ich absolvierte dort auch eine Trainingswoche. Dies war einer der Momente, in denen ich erfahren konnte, wie wichtig ein Camp für arbeitslose Kicker schon damals gewesen wäre. Ich wurde auch vom Präsidenten von Red Bull Leipzig kontaktiert und ein Engagement in Norwegen stand im Raum. Aber wie es viele andere auch kennen, hat sich dann doch alles zerschlagen. Hätte ich dann nicht von Pasching und vor allem von Franz Grad die Möglichkeit erhalten, zumindest in der Regionalliga wieder zu kicken, wäre meine Karriere vermutlich zu Ende gewesen.
Was macht so eine Phase mit einem 24-jährigen Profi? Diese Zeit ohne Verein und auch mit Existenzängsten hat mich definitiv sehr verändert – zum Besseren. Ich wurde durch diese Erfahrungen zum Führungsspieler, der auch einmal in der Kabine lauter wurde und unbequeme Sachen angesprochen hat. Ich denke, dass dies bei allen meinen Stationen meiner „zweiten Karriere“ auch essentiell war, für mich und jeden einzelnen Verein. Aber man stellt sich auch immer wieder die Frage, warum gerade im Fußball so erstaunlich wenige Persönlichkeiten zu finden sind. Warum sich so wenige Spieler für die Situation der anderen interessieren und dafür einstehen.
Im Winter 2006/2007 musstest du vor dem Ethikkomitee der Bundesliga Stellung zu deinen Aussagen bezüglich Schwarzgeld-Zahlungen der Profivereine beziehen und eine Strafe von 2.000 bis 50.000 Euro stand im Raum… Im Nachhinein ist man natürlich gescheiter, vielleicht war ich da einfach zu ehrlich. Andererseits bin ich mir nicht sicher, ob es dann so schnell einen Kollektivvertrag gegeben hätte. Fakt ist, dass ich die Wahrheit gesagt habe und auch jeder wusste, dass das gängige Praxis war bei manchen Vereinen. Schlimm war für mich, dass weniger die Schwarzgeld-Zahlungen selbst von der Bundesliga angeprangert wurden, als vielmehr meine Aussagen. Aber es ist natürlich einfacher eine Person ruhig zu stellen, als ein größeres Problem zu lösen. Einfach war die Zeit für mich nicht, da empfindliche Strafen im Raum standen. Da waren einige schlaflose Nächte dabei. Mir wurde von der Bundesliga vorab sogar angeboten zu sagen, dass ich meine Aussagen nicht so gemeint habe. Bis heute hat sich übrigens niemand bei mir entschuldigt.
Wie hast du dich nun im Arbeitsleben zurechtgefunden und was hast du aus deiner Zeit als Fußballprofi mitgenommen? Der Job passt perfekt für mich. Es tut gut, etwas von der Realität mitzubekommen. Ich habe viel mit Menschen zu tun und das gefällt mir auch sehr gut. Als Fußballer hatte ich mit den unterschiedlichsten Charakteren zu tun und man lernt, dass Zusammenhalt funktioniert. Es geht darum, zusammen erfolgreich zu sein. Egal von wo jemand kommt, was seine Eltern gemacht haben und wen dieser jemand kennt, das gemeinsame Ziel steht über allem. Das habe ich für mein Leben mitgenommen.
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Dennis Mimm wurde am 18. März 1983 in Innsbruck geboren, wo der 34-Jährige heute wohnhaft ist. Über das BNZ Tirol landete der Defensivspieler – mit kurzer Zwischenstation bei der WSG Wattens – beim FC Wacker, wo er die längste Zeit seiner Karriere verbrachte und den Durchmarsch von der Regionalliga West bis in die Bundesliga schaffte. Später folgten kürzere Engagements in Altach, Pasching, Unterhaching (GER), beim FC Lustenau und beim SC Wiener Neustadt, wo er nach drei Saisonen im Jahr 2015 seine Karriere nach mehr als 300 Spielen im Profifußball beendete. Während seiner aktiven Zeit war Mimm Spielervertreter in der Vereinigung der Fußballer. Seit 2016 arbeitet Dennis Mimm beim AMS in Innsbruck. Nach einem Jahr in der Leistungsberechnung ist er nun in der Vermittlung tätig. Daneben ist er in Innsbruck auch politisch engagiert.