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Indien ist eine Reise wert

Marko Stankovic wagte das Abenteuer und gewann eine völlig neue Erfahrung in der indischen Liga. Mit dem FC Pune erreichte er das Halbfinale der Playoffs. Der Steirer berichtet aus einer komplett anderen Welt.

Herr Stankovic, warum gingen Sie das Abenteuer Indien ein? Es war doch ein Sprung ins kalte Wasser. Es war einfach reizvoll. Nicht nur, weil Ranko Popovic Trainer ist und sich eingesetzt hat für mich. Ich wollte etwas Neues wagen. In Ried hatte ich noch einen laufenden Vertrag. Aber so wie sich der Fußball in Österreich nach dem Vorbild Red Bull Salzburg entwickelt, muss ich gestehen, dass ich in meinem Alter mit der Dynamik vielleicht nicht mehr ganz mitkomme. Ich bin etwas älter, das liegt mir nicht mehr.

Ehrliche Worte… Es ist so. Der Fußball hier kommt mir entgegen, da habe ich mich von Beginn an wohl gefühlt. Ich wollte noch was erleben. Außerdem…wer kann schon von sich sagen, dass er eineinhalb Jahre in Indien leben kann?

Wie spielt es sich so in Indien? In der Liga sind fast alle Vereine auf einem ähnlichen Niveau. Es gibt keinen Klub, der deutlich besser ist als alle anderen, keinen, der nach hinten abfällt. Das Tempo ist nicht allzu hoch, es wird viel Wert auf Technik und Ballbesitz gelegt. Die Legionäre hier sind fast alle technisch sehr versiert, Abräumer oder Rackerer werden gar nicht geholt. Pro Klub dürfen fünf Legionäre spielen, drei weitere sitzen auf der Bank.

Und die Inder? Die sind extrem wissbegierig und lernwillig und untereinander ebenfalls meistens auf einem ähnlichen Niveau.

Die Liga sorgte vor einigen Jahren für Furore mit Transfers von Superstars. Was ist davon übriggeblieben? Ehrlich gesagt wenig bis gar nichts. Die Inder haben sich davon viel mehr versprochen. Italiens Superstar Alessandro Del Piero zum Beispiel kam mit einem eigenen Kamerateam, das ihn in Indien rund um die Uhr filmte. Er hatte auch seinen eigenen Betreuerstab mit und trainierte angeblich nur, wann er wollte. Dann erzählt man sich die Geschichte von Nicolas Anelka, der hier als Trainer arbeitete. Weil auf dem Weg zum Training viel Verkehr war, sagte er einfach die Einheit ab und ließ den Bus umdrehen. Solche Dinge gefielen den Klub-Verantwortlichen nicht. Jetzt sind die bekanntesten Spieler Robbie Keane und Dimitar Berbatov.

Apropos Verkehr: Wie lebt es sich in Indien, wie kann man sich in diesem Land bewegen? Die Legionäre in unserem Verein haben alle einen Chauffeur zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist auch vernünftig bei diesem Verkehr. Die Regel ist, dass es eigentlich keine Verkehrsregeln gibt. Man fährt nach Empfehlungen. Spaß macht auch die Fahrt in einem Tuk-Tuk-Taxi für kürzere Strecken, zum Beispiel vom Hotel zu einem Markt.

Sie wohnen in einem Hotel. War eine Wohnung nie eine Option? Nein, eigentlich nicht. Weil die Saison von August bis März dauert, danach bin ich daheim bei meiner Familie in Österreich. Der Urlaub ist ziemlich lang. Außerdem wohnen alle Spieler im Hotel.

Wie ein Trainingslager die ganze Saison lang? Ja, so kann man sich das vorstellen. Wir wohnen im Radisson Blue in Pune, haben dort alles, was wir brauchen. Ich wohne in einem großen Appartement, das ist wie eine Wohnung. Nur eben in einem Hotel.

Wie kommen Sie sprachlich zurecht? Meistens wird Englisch gesprochen. Ich kann zudem Serbokroatisch und Italienisch, lerne gerade Spanisch.

Ein Österreicher in Indien lernt Spanisch? Ja, weil wir unter den Legionären Spanier haben, dazu Portugiesen, die auch Spanisch können und wiederum in Italien gespielt haben. Wir verstehen uns schon. Kein Wunder also, dass wir Legionäre auch in der Freizeit zusammenpicken und einiges unternehmen. Wir gehen oft auswärts essen, zum Italiener, Brasilianer oder ins nahe gelegene Hard Rock Cafe.

Sie kommen aus Leoben und sind in Pune gelandet, einer Stadt mit sechs Millionen Einwohnern. Ein Kulturschock für einen Steirer-Buam? Nein. Erstens habe ich ja auch schon eine lange Zeit in Graz und Wien gelebt, andererseits habe ich gewusst, was auf mich zukommt. Ich habe mich vor dem Abenteuer schon etwas eingelesen. Und ich muss gestehen, dass ich positiv überrascht bin. Vor allem die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen sind wirklich toll.

Konnten Sie in der kurzen Zeit seit Jänner schon Sightseeing betreiben? Indien hat ja viel zu bieten. Etwas ist sich ausgegangen. Mumbai habe ich schon gesehen, allein deshalb, weil man dort landet. Es ist eine Metropole, geprägt von Extremen. Im Süden herrscht Bollywood mit Cricketstars und Fußballern, im Norden befinden sich Slums, die weit schlimmer sind als man in TV-Dokumentationen sehen kann.

Der FC Pune ist in den Playoffs im Halbfinale gescheitert. Wie lautet die Bilanz nach der Saison? Der Klub hat erstmals seit sechs Jahren die Playoffs erreicht, für die Verantwortlichen war dies historisch. Ganz so schlecht war die Saison also nicht.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!