30 Jahre VdF Vereinigung der Fußballer

Es herrschten oft fürchterliche Zustände

Dr. Friedrich Gatscha war von Gründungstagen an der Anwalt, dem die Spieler vertrauten. Im Interview blickt der Wiener zurück – auf den ersten Prozess für die VdF, eine Umarmung von Hannes Kartnig und Zeiten mit Zweit-, Dritt- oder gar Viertverträgen.

Herr Gatscha, Sie waren jahrelang ein wichtiger Mann für die VdF. Warum waren Sie als Anwalt so gefragt?

Als sich die Gewerkschaft damals im Rahmen der Gewerkschaft für Kunst, Medien, Sport und freie Berufe formierte, sind die meisten Fußballer der Profiligen sehr schnell beigetreten. Auch war sehr rasch erkennbar, dass die wesentliche Dienstleistung, an der die Mitglieder interessiert waren, der Rechtsschutz war. Sie wollten einen kompetenten Rechtsanwalt nutzen können, ohne selbst Geld in die Hand nehmen zu müssen. Den fanden sie in mir. Ich habe im Laufe der Zeit sicher an die 200 Prozesse für Mitglieder der VdF geführt.

Können Sie sich noch an den ersten erinnern?

Ja, das war ein gewisser Herr Fuchs gegen den Verein St. Veit. Da hatte die Gewerkschaft selbst noch gar keine Vorstellung über die Erfolgschancen und Rahmenbedingungen solcher Verfahren. Und wir haben gleich einmal zu 100 Prozent gewonnen. Ich kann mich auch deshalb noch so gut erinnern, weil jeder Prozesstag mit einer beschwerlichen, dreistündigen Hinfahrt nach Kärnten begann (lacht). In weiterer Folge hat sich eine intensive Zusam- menarbeit ergeben. Ich wurde von der Gewerkschaft auch als Anwalt der Spieler genannt. Das war die nach außen hin sichtbare Haupttätigkeit. Intern war ich damit beschäftigt, die VdF-Mitarbeiter wie Novotny, Zirngast oder Prudlo zu beraten, wo rechtlicher Hintergrund vonnöten war, was ich unentgeltlich gemacht habe. Außerdem war ich federführend beim Verfassen des ersten Kollektivvertrags beteiligt, wie auch bei den Verhandlungen, die schließlich zu einem Konsens über den Kollektivvertrag führten. Die Tätigkeit wurde dann irgendwann weniger, erfreulicherweise unter anderem deshalb, weil sich die Vertragsmoral der Sportvereine in Hinblick auf die erfolgreiche Einigung über einen Kollektivertrag verbessert hat.

Können Sie sich an herausragende Verfahren erinnern?

Ich habe mit Sicherheit – und das soll jetzt nicht überheblich klingen, es entspricht lediglich den Tatsachen – den Großteil der Verfahren gewonnen. Daher erinnere ich mich an jene, die ich verloren habe, besonders schmerzhaft. So habe ich etwa den Fall des Polen Robakiewicz gegen VfB Mödling verloren. Da ging es um eine Schlichtungsvereinbarung, bei der im Spielervertrag mit dem Verein vorgesehen war, eine Schlichtungsstelle der Bundesliga anzurufen. Dazu gab es noch keine gefestigte Judikatur. Seitens der Spielervertretung wurde diese Regelung als Eingriff in die Rechte des Arbeitnehmers gemäß dem Arbeits- und Sozialgesetz angesehen. Wir bezogen uns in unserer Argumentation auf die analoge Anwendung der strengen Regeln für Schiedsgerichte statt auf Schlichtungsstellen, was die Höchstrichter als zwei völlig unterschiedliche Dinge werteten und die vertraglich vorgesehene Anrufung der Schlichtungsstelle vor der Anrufung des Arbeits- und Sozialgerichts „absegnete“. Das ist in meinen Augen auch heute noch fragwürdig, aber es wurde so entschieden und hat sich daher besonders eingeprägt.

An welche gewonnenen Fälle erinnern Sie sich noch?

Sturm Graz gegen Ferdinand Feldhofer ist hängen geblieben. Da wurde klar judiziert, dass ein Trainingsverbot ein Grund ist, dass ein Spieler aus seinem Vertrag austreten darf und er dadurch kostenlos frei ist. Roman Wallner gegen Sturm Graz war eine ähnliche Geschichte. Er bekam schon in der Jugend einen Knebelvertrag von Sturm Graz, der die Bewilligung des Pflegschaftsgerichtes bedurft hätte, was ebenfalls dazu führte, dass Wallner kostenlos frei war. Sturm Graz und Hannes Kartnig waren ohne- hin typische Gegner. Ich werde nie vergessen, wie Kartnig einmal nach einem weiteren, von mir gewonnenen Prozess zu mir kam und sagte: „Ich hab noch nie einen Prozess gegen Sie gewonnen.“ Es war eine Umarmung, die sehr ähnlich zu dem Bussi für Trainer Ivan Osim nach Sturms Meistertitel war. Ich war nämlich in etwa so erfreut über die Kartnig’sche Zuwendung wie Osim. Es waren insgesamt im Übrigen sicher 30 oder 40 Prozesse, die ich gegen Sturm gewonnen habe. Stets ging es um die Verweigerung von Spielerrechten, Geldleistungen, Punkteprämien oder Gehalt. Überhaupt gab es viele Fälle, bei denen die Vergütung des Spielers Thema war.

Warum?

Es herrschten oft fürchterliche Zustände mit Zweit-, Dritt- oder gar Viertverträgen. Wenn Spieler in Ungnade fielen, kam der Verein mit Abfertigungsvorschlägen, die um ein Vielfaches niedriger waren als die Beträge, die den Spielern zugestanden wären. Das waren wirkliche Schwierigkeiten für die Fußballer, die aber in der Regel sehr positiv gelöst werden konnten. Und ein negativer Fall fällt mir noch ein.

Welcher denn?

Es war wohl das große negative Highlight, dass der Prozess nach dem Konkurs des FC Tirol verloren ging. Die Spieler hatten nach dem Konkurs lediglich gedeckeltes Insolvenzausfallgeld erhalten und hatten noch viel mehr zu verlangen. Diese Forderungen rich- teten sie an die persönlich haftende Vereinsführung. Das Oberlandesgericht Innsbruck entschied aber – nachdem das Erstge- richt den Spielern einen Teil der Forderungen zusprach –, dass den Spielern nichts zustehe. Weil durch ihr monatelanges, unbezahltes Auflaufen für den Verein kein Schaden im Rechtssinn entstanden war.

Haben Ihnen die Spieler ein Gefühl dafür gegeben, wie wichtig Ihre Arbeit für sie ist?

Auf jeden Fall. Die meisten Fußballer haben einen hohen Kommunikationsbedarf und haben mich sehr oft kontaktiert, weil es für sie oft um viel gegangen ist. Ich erinnere mich an viele Fälle, in denen ich von VdF-Mitgliedern auch mehrmals täglich in großer Sorge angerufen wurde, ob wir denn wirklich eine Chance hätten, zu gewinnen. Daran habe ich erkannt, dass es oft wirklich um die Existenz des Spielers ging.