Vollprofi: „Profi, der seinen Sport uneingeschränkt als Beruf betreibt“. Das sagt der Duden. Wirft man einen genaueren Blick auf den neuen Kollektivvertrag (KV) der österreichischen Fußballer, stellt man fest, dass in der zweithöchsten Spielklasse seit 1. Juli 2018 nicht mehr ausschließlich Vollprofis unterwegs sein müssen. Welche Fragen das aufwirft und was der neue KV sonst noch beinhaltet, soll im Folgenden erläutert werden.
Die Österreichische Fußballbundesliga einerseits und die VdF sowie younion andererseits haben Anfang dieses Jahres einen neuen Kollektivvertrag für Profifußballer (Fußballer-KV) ausgehandelt. Dieser wurde mit dem formellen Beschluss in der Bundesliga Hauptversammlung am 1. Juli 2018 gültig. Dass dies überhaupt möglich ist, ist einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 1995 zu verdanken. Mit dieser wurde der ÖFBL, als freiwillige Interessenvereinigung, die Kollektivvertragsfähigkeit gemäß §4 Abs. 2 ArbVG zuerkannt. Nur deswegen ist eine Vereinbarung auf kollektivvertraglicher Ebene zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern möglich. Nur deswegen müssen die Dienstverträge von Fußballern diese ausgehandelten Mindeststandards erfüllen. Vertretern anderer Sportarten bleibt ein solcher Luxus (noch) verwehrt.
AMATEUR ODER NICHTAMATEUR, DAS IST HIER DIE FRAGE …
Ganz generell wird im österreichischen Fußball zwischen Amateuren und Nichtamateuren unterschieden. Das Regulativ für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler definiert die Nichtamateure etwas kompliziert als „Spieler, die für ihre fußballerische Tätigkeit höhere entgeltwerte Leistungen erhalten, als zur Deckung ihrer Aufwendungen tatsächlich notwendig sind.“ Alle anderen Fußballer sind Amateure. Aufwandsentschädigungen, Ausrüstungen und erfolgsabhängige Prämienzahlungen bis zur Geringfügigkeitsgrenze (aktuell 438 Euro pro Monat) gelten nach Ansicht des ÖFB offenbar als „zur Deckung der Aufwendungen“ notwendig, denn sie haben keine Auswirkung auf den Amateurstatus.
Im Klartext: alle Spieler, die die berühmte Pauschale Reiseaufwandsentschädigung (PRAE), die Ausrüstung und erfolgsabhängige Prämien bis zu knapp 440 Euro im Monat erhalten, gelten als Amateure. Sobald aber ein monatliches Fixum ausbezahlt wird (und dieses korrekterweise nicht als PRAE, sondern als Gehalt qualifiziert wird) ist ein Spieler kein Amateur, sondern Nichtamateur.
Die Unterscheidung zwischen Amateuer und Nichtamateuer basiert also nicht darauf, in welcher Liga jemand spielt, wie oft ein Spieler trainiert, ob er das Fußballspielen haupt- oder nebenberuflich ausübt, sondern einzig und allein darauf, ob bzw. wieviel ein Spieler mit dem Fußball verdient.
An die Einstufung als Amateur und Nicht- amateur sind dann nach dem ÖFB-Regulativ auch zahlreiche rechtliche Konsequenzen geknüpft. Der gesamte III. Abschnitt ist da bei Sonderbestimmungen für Nichtamateure gewidmet. Im Wesentlichen werden dort Voraussetzungen für den Abschluss, Inhalt und Dauer von Spielerverträgen, die Ausbildungs- und Förderentschädigungen und Regeln beim Vereinswechsel festgelegt. Diese Regelungen gelten, auch wenn es viele Vereine wohl so nicht wahrhaben wollen, von der Bundesliga bis in die 1. Klasse.
DER TEILZEITPROFI
Der Fußballer-Kollektivvertrag hingegen gilt lediglich für jene Spieler, die in der Bundesliga und 2. Liga beschäftigt sind. Erstes Novum: seit der Ligareform müssen die Vereine der zweithöchsten Spielklasse keinen reinen Profibetrieb mehr betreiben. Zweites Novum: der Fußballer-KV unterscheidet nicht zwischen Amateuren und Nichtamateuren, sondern zwischen Vollzeit- und Teilzeitfußballern.
In jedem anderen Job ist wohl recht klar, dass jemand, der weniger als die wöchentliche Normalarbeitszeit verrichtet, als Teilzeitbeschäftigter gilt. Aber wie ist das im Fußball?
ACHTUNG VOR UMGEHUNG DES MINDESTLOHNS
Die wöchentliche Normalarbeitszeit im Fußball beträgt laut § 10 des Fußballer-KV grundsätzlich 40 Stunden, wobei in einzelnen Wochen auch 48 Stunden gearbeitet werden darf, sofern im Jahresdurchschnitt die 40 Wochenstunden nicht überschritten werden.
Die Vollarbeitszeit von Bundesligaspielern (inwiefern sich diese, von der Normal- arbeitszeit unterscheidet, geht aus dem KV nicht unmittelbar hervor) umfasst dabei nicht nur die Trainings und Spiele, sondern auch die Reisezeiten, Marketingleistungen und Repräsentationsaufgaben für den jeweiligen Klub.
In § 10 Abs 3 des Fußballer-KV ist dann etwas geregelt, was so im österreichischen Profifußball – sofern man das so lapidar nennen kann – bisher noch nicht gegeben hat, und zwar den Fußballer mit einge- schränkter Arbeitsverpflichtung. Inwiefern die Arbeitsverpflichtung bei einem solchen „Teilzeitprofi“ eingeschränkt sein kann, ist nicht ganz klar. Muss ein solcher Teilzeitprofi nicht auch bei allen Trainings dabei sein? Kann er Spiele auslassen? Oder womöglich Reisezeiten als Überstunden verrechnen? Klar ist nur, dass eine Teilzeitbeschäftigung ausdrücklich schriftlich vereinbart sein muss. Und dass der kollektivvertragliche Mindestlohn (derzeit 1.300 Euro monatlich brutto) beim Teilzeitprofi nur aliquot ausbezahlt werden muss. Wer also nicht Vollzeit angestellt ist, sondern Teilzeit, muss auch nur einen gewissen prozentualen Anteil dieses Mindestentgelts ausbezahlt bekommen. Beispiel: für 28 Stunden pro Woche, stehen 70 % des Mindestentgelts zu. Derzeit also 910 Euro monatlich brutto. Soll die Arbeitsverpflichtung weniger als 50 % der Normalarbeitszeit ausmachen, ist dies gemäß §10 Abs. 3 plausibel und sachlich zu rechtfertigen.
Die Teilzeit-Regelung ist für die Vereine der 2. Liga mit Sicherheit eine wichtige und in der Praxis relevante Möglichkeit die ohnehin meist kleinen Budgets nicht zu sehr zu belasten. Sie birgt aber auch die Gefahr in sich, dass schwarze Schafe damit das kollektivvertraglich ausgehandelte Mindestentgelt zu umgehen versuchen. Wenn ein Teilzeitprofi im Endeffekt nämlich dauerhaft dasselbe Arbeitspensum erfüllt wie seine Vollzeit-Kollegen, muss ihm auch zumindest das volle Mindestgehalt zustehen. Andernfalls wird der Kollektivvertrag ad absurdum geführt.