Amateure

Tradition im Vormarsch

„Heanois is ois“ — ein Spruch, den die Fans des Wiener Sportclubs nicht nur lieben, sondern auch leben. Dennoch war es in den letzten Jahren aus sportlicher Sicht nicht immer einfach, Fan der Schwarz-Weißen zu sein.

TEXT: Lukas Mitmasser

Während Traditionsklubs wie Vorwärts Steyr oder Austria Klagenfurt ihr Comeback in die 2. Liga feierten, warten Sportclub-Fans seit sechs Spielzeiten vergeblich auf eine Top Ten-Platzierung. Ein zwischenzeitlicher Lichtblick am Dornbacher Fußball-Himmel war die Rückführung des Wiener Sportklubs in den WSC. 2017/18 trübte dann aber ein sportlicher Tiefpunkt den Gemütszustand: Mit einer mageren Ausbeute von neun Punkten aus 15 Spielen verbrachte man die Winterpause im Kellerabteil der Ostliga. Was folgte, war eine Nachjustierung im Kader und eine starke Rückrunde, die unterm Strich für den vorletzten Tabellenplatz reichte. Auch in der Sommerpause knüpfte man an den im Winter gestarteten Umbau an: Philipp Plank (23) von Zweitligist Kapfenberg, Ex-Bundesliga-Kicker Thomas Hirschhofer (26), Jakov Josic (22) aus Mannsdorf, Julian Küssler (20) von der zweiten Garde des SK Rapid Wien, Rückkehrer Jürgen Csandl (30) aus Horn und Vienna-Goalie Patrick Kostner (30) waren die klingendsten Namen unter den 13 Neuzugängen. Auch Philipp Dimovs Gastspiel in Traiskirchen war von kurzer Dauer – er kehrte bereits im Winter zu seinem Herzensklub zurück.

Unter der Regie von Norbert Schweitzer begann das neuformierte Werkl auch wieder zu laufen: Im ersten Durchgang der Saison 2018/19 reihte man sich hinter den Ostliga-Riesen Mauerwerk und Ebreichsdorf, Aufsteiger Leobendorf und den Rapid Amateuren auf einem starken fünften Rang ein. „Es herrscht wieder Aufbruchstimmung“, stellt Adi Solly, Sektionsleiter-Stellvertreter des Sportclubs, freudig fest. „Wir arbeiten an allen Ecken und Enden, dass der Verein wieder dort hinkommt, wo er schon einmal war. Wenn es dann auch sportlich läuft, ist das für das gesamte Umfeld natürlich eine Erleichterung.“

Dass nun auch das Herzstück des Vereins – der Sportclub-Platz – ein neues Gesicht bekommt, bringt zusätzlichen Wind in die schwarz-weißen Segeln.

EIN SCHMUCKSTÜCK ENTSTEHT

Seit stolzen 114 Jahren jagt man in der Als- zeile 19 dem runden Leder nach. Eine Zeit voller Höhen und Tiefen, die auch das Stadion – übrigens einer der ältesten noch bespielten Plätze Europas – in Mitleidenschaft gezogen hat. „Ich erinnere mich an das Jubiläumsspiel gegen Valencia (Anm.: 2015). Es hat bis in die Katakomben hineingeregnet“, erzählt Solly. Damit soll schon bald Schluss sein: Die Stadt Wien nimmt 6,25 Millionen Euro in die Hand, um der Heimat des Sportclubs ein neues Gesicht zu verpassen. Zu den Hauptmaßnahmen der Renovierung zählen der Abriss und die Neuerrichtung der künftig überdachten Haupttribüne West, der Abriss der Tribüne Kainzgasse, eine Vergrößerung des Spielfeldes gemäß der IFBA-Norm (IFBA = International Football Association Board), eine Erneuerung bzw.

Modernisierung der Stadioneingänge und eine Sanierung der bestehenden Flutlicht- und Beleuchtungsanlagen. Die berühmte Friedhofstribüne bleibt der Anhängerschaft erhalten und wird – wie die blaue Tribüne – lediglich saniert.

Der Spatenstich für das Großprojekt soll im Jänner 2020 erfolgen. Im Februar 2021 soll das neue, zweitligataugliche Wohnzimmer mit 6.000 Plätzen (zuvor 8.000) bereits bezogen werden. „Die Realisierung ist extrem positiv aufgenommen worden – auch wenn bei manchen Fans nach wie vor Skepsis herrscht. Nach dem Motto: ‚Wir glauben es erst, wenn der Bagger die Tribüne abreißt‘“, so Solly, der auch selbst den Tag nicht vor dem Abend loben möchte. „Man hat jetzt das Geld und muss es auch vernünftig in Auftrag geben, sodass bei der Renovierung alles glatt läuft.“

STADION SOLL TÜREN ÖFFNEN

„Für die Fußballsektion des Wiener Sport-lub, aber auch für den gesamten Verein, stellt die Förderung der Stadt Wien eine wichtige Möglichkeit dar, sich wirtschaftlich weiter zu stabilisieren und zu entwickeln“, blickte Sportclub-Präsident Wolfgang Raml bei der Pressekonferenz freudig in die Zukunft. Von der neuen Heimstätte und dem guten Ruf soll der Sportclub in vielerlei Hinsicht profitieren. „Man ist bei uns nah am Geschehen dran und die Stimmung ist geil. Daher wollen wir uns mit dem zukünftigen Standard auch für andere Aufgaben empfehlen“, denkt Solly an Events oder Länderspiele der Frauen, die in der Folge neue Sponsoren anlocken sollen.

Auch am Personalsektor soll die auf Vordermann gebrachte Spielstätte und die ohne- hin bereits große Strahlkraft des Vereins zu einem Ass im Ärmel werden. „Auch Spieler sehen, dass bei uns etwas entsteht. Wir bekommen viele Anfragen von Fußballern, die einfach froh wären, für den Sportclub und vor diesen Fans spielen zu dürfen.“

 

SAMBA IN DER 2. LIGA?

Wer eine Subvention in Höhe von 6,25 Millio- nen Euro in eine neue Heimstätte investiert, hat Pläne. So auch der Sportclub, dessen Fokus aktuell zwar der Regionalliga gilt – ein Auge schielt aber vorsichtig in Richtung zweithöchster Spielklasse. „Pläne hat man immer, mit konkreten Jahreszahlen operieren wir aber nicht. Fest steht, dass sich der Verein auf kein finanzielles Harakiri einlassen wird“, stellt Solly klar. „Wirtschaftlich müsste sich dafür auch noch einiges tun. In der derzeitigen Situation muss man zufrieden sein, wenn man in der Regionalliga gut unterwegs ist.“

Der eingeschlagene Weg des Sportclubs stimmt jedenfalls. Ob und wann Zweitligaluft über Dornbach ziehen wird und die Liga durch Samba-Gesänge und rasselnde Schlüsselbunde bereichert wird, steht in den Sternen. Die Wahrheit liegt im Fall des Wiener Sportclubs sowohl auf dem neuen Rasen, als auch abseits des Platzes.