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Makellos

Der USV Scheiblingkirchen-Warth blickt auf die perfekte Herbstsaison zurück. Mit 14 Siegen aus 14 Ligaspielen hielt der niederösterreichische Landesligist seine Weste blütenweiß. Wir waren der Erfolgsformel auf der Spur.

Es läuft die Nachspielzeit im Derby zwischen USV Scheiblingkirchen-Warth und dem SC Ortmann: Die bis dahin ungeschlagenen Hausherren laufen einem 2:3-Rückstand hinterher, viel Zeit bleibt ihnen nicht mehr, um die Serie zu retten.

Die Spannung in der Luft ist greifbar. Dann ein Pfiff. Elfmeter. Marco Untergrabner trifft zum 3:3, der Erfolgslauf ist gerettet. Große Feierlichkeiten bei Scheiblingkirchen-Warth? Fehlanzeige! „Die Jungs haben keine Sekunde gejubelt, sondern den Ball rasch an den Anstoßpunkt gelegt“, erinnert sich Erfolgstrainer Thomas Husar im Gespräch mit dem SPIELER. Denn: Die Hausherren wollen mehr, spielen in den letzten Sekunden auf Sieg. Und tatsächlich: Aus einem Gestocher heraus landet der Ball abermals im Netz, das 4:3, unglaublich! Da ist er, der zehnte Sieg im zehnten Ligaspiel – und das dazu noch im Derby. „Diese Partie hat den Geist der Truppe gezeigt“, resümiert Husar nicht ohne Stolz.

ZUTAT NUMMER EINS: FLEISS
Vier Siege später lacht Scheiblingkirchen-Warth in der Winterpause von Platz eins der 1. niederösterreichischen Landesliga. Die Bilanz: Makellos. 14 Spiele, 14 Siege, ein Torverhältnis von 37:8, das Punktemaximum von 42 Zählern auf dem Konto. Der Tabellenführer hat komfortable neun Zähler Vorsprung auf den ersten Verfolger aus Krems. „Diese Serie ist alles andere als alltäglich“, ist sich auch Husar bewusst. Dahinter steckt „sehr viel Fleiß und Training“, wie er erklärt. Die coronabedingte fußballfreie Zeit habe sein Team intensiv genutzt. Der Erfolg ist nun der Lohn.

ZUTAT NUMMER ZWEI: KONTINUITÄT
Ein Schlagwort, das im modernen Fußball häufig bemüht wird und nach dem viele Vereine streben, wird in Scheiblingkirchen-Warth gelebt: Kontinuität. „Wir haben im Sommer bewusst auf externe Transfers verzichtet und auf unsere Burschen vertraut“, erklärt der Chefcoach. „Die Stabilität und Kontinuität in unserem Verein sind sicherlich mitverantwortlich für den aktuellen Erfolg.“ Die Siegesserie kommt nicht völlig überraschend: Bereits in der Vorsaison setzte es für die Niederösterreicher in zehn Pflichtspielen nur eine Niederlage.

ZUTAT NUMMER DREI: EINE FUNKTIONIERENDE MANNSCHAFT
Fleiß und Kontinuität sind nur halb so viel wert, wenn es in der Mannschaft nicht passt. Doch auch hier verfügt der überlegene Landesliga-Tabellenführer über die richtige Mischung. Abwehrchef Michael Steiner bringt seine Stärken im Aufbauspiel und Zweikampf ein, er stammt ebenso aus dem eigenen Nachwuchs wie Sechser Daniel Ressler, der als ordnende Hand das Spiel der Mannschaft lenkt. Im Angriff wirbelt Außenstürmer Christopher Hatzl die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander und erhält beim Toreschießen Unterstützung von dem erst 20-jährigen Marco Untergrabner, der mit zehn Treffern auf Rang zwei der Torjägerliste liegt.

Coach Thomas Husar legt Wert auf eine ausbalancierte Spielanalage, wie er erklärt: „Mir ist Struktur im Spiel wichtig. Wir wollen den Ball haben, laufen aber nicht um jeden Preis ins offene Messer.“ Die Ergebnisse aus dem Herbst belegen das. Selten ist der Tabellenführer früh in Führung gegangen, legte sich seine Gegner oft zurecht. „Wir haben mit kühlem Kopf agiert und waren defensiv unglaublich stabil.“

ZUTAT NUMMER VIER: MENTALE STÄRKE
Der Kopf ist ebenso ausschlaggebend für den Erfolg. Der dramatische Derbysieg gegen den SC Ortmann Ende Oktober zeigte die mentale Stärke der Mannschaft auf. „Obwohl sie erst in der Nachspielzeit den 3:3-Ausgleich erzielt haben, haben sich die Jungs nicht mit dem Unentschieden zufriedengegeben“, erklärt Husar. Erfolg sei auch ein Stück weit Kopfsache. „Und mit dem Erfolg steigt das Selbstvertrauen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.“

KEINE VERRÜCKTEN SACHEN
Wie geht es nach diesem Fabel-Herbst nun weiter? Zunächst hat der Trainer seiner Mannschaft einmal eine Ruhezeit verordnet. „Wir hatten im Sommer nur zwei Wochen Pause, daher ist es jetzt wichtig, drei oder vier Wochen Pause zu machen.“ Sofern es die Corona-Maßnahmen zulassen, startet die Vorbereitung am 10. Jänner. Transfers sind keine geplant, „die Jungs, die da sind, haben unser Vertrauen verdient“, betont Husar.

Die Mannschaft soll im Frühjahr dann die makellose Herbstsaison veredeln. „Wir haben offen kommuniziert, dass wir uns freuen würden, wenn der Aufstieg gelingt“, erklärt der Trainer. Und wenn nicht? „Dann geht die Welt auch nicht unter und wir sind stolz auf einen fantastischen Herbst.“ So arbeite der Verein mit bescheidenen Ressourcen, das große Geld ist in Scheiblingkirchen-Warth nicht zu verdienen. Husar unterstreicht: „Der Aufstieg ist daher ein schönes Kann, aber kein Muss“.

 

Text: Johannes Posani