Vereinigung der Fußballer

Nicht als die VARheit

Auch in Österreichs Fußball soll der Videobeweis Einzug halten. Die Bundesliga, die Spieler-Gewerkschaft und die Schiedsrichter sind an der Installierung des VAR (Video assistant referee) interessiert. Vor allem die Kostenfrage muss noch geklärt werden. Frühester Start: Saison 2020/21.

„Er ist notwendig und sinnvoll.“ Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer hat eine klare Haltung, wenn die Sprache auf die drei Buchstaben kommt: VAR. Oder wie man hierzulande gerne sagt, der Video-Schiri. Es gehe in erster Linie um mehr Ehrlichkeit im Spiel, so Ebenbauer, daher müsse man den Schiedsrichtern mehr Augen verleihen. Das begrüßt auch Österreichs FIFA-Referee Harald Lechner. „Der VAR ist nicht nur ein Vorteil für uns, ihm gehört sicher die Zukunft.“ Natürlich nehme die Technologie etwas Last von den Schultern der Unparteiischen, weil sich Fehler dank objektiver Bilder korrigieren lassen. „Als Schiedsrichter will man ja nicht auf negative Art in ein Spiel oder dessen Ausgang eingreifen“, so Lechner weiter. „Es geht um mehr Ehrlichkeit im Spiel, daher muss man den Schiedsrichtern mehr Augen verleihen.“

Um es in den Worten eines Fußballspiels auszudrücken, befindet sich der VAR bestenfalls erst in der Aufwärmphase. International hat er schon in einigen Ligen Einzug gehalten, allen voran in Deutschland, Italien, Frankreich, Polen, Tschechien oder den Niederlanden, ein Pionierland bei dieser Technologie, wie sich der VdF-Vorsitzende Gernot Zirngast erinnert: „Marco van Basten hat vor Jahren diese Technologie präsentiert. Will man als Liga international ernst genommen werden, dann muss der VAR kommen“, so Zirngast. Bei einer Sitzung mit insgesamt 35 Spielervertretern im September herrschte die einhellige Meinung, dass man künftig in Österreich auch nach der Pfeife des Video-Schiris tanzen sollte. „Wichtig ist“, so Zirngast über einen möglichen reibungslosen Ablauf, „dass man die Aktionen laufen lässt und sich danach strittige Situationen ansieht.“ Die Kinderkrankheiten offenbarten sich nicht nur in der Deutschen Bundesliga, sondern auch schon in den Anfängen, als man in der US-Liga oder in der australischen Super League testete. Auf höchster Turnierebene vertraute man 2017 beim Confedcup auf das System, als Probegalopp quasi für die Premiere bei der Weltmeisterschaft 2018.

VIER KONKRETE PUNKTE
Der VAR wird im Wesentlichen bei vier konkreten Punkten eingesetzt:
1.) bei Toren und eventuellen Vergehen davor,
2.) bei Strafraumszenen wie Elfmeter,
3.) bei Entscheidungen, die zu einer direk- ten Roten Karte führen (Gelb-Rote Karten sind davon nicht betroffen),
4.) bei Gelben oder Roten Karten, die irrtümlich einem falschen Spieler gezeigt werden.

Nicht überprüft werden beispielsweise Situation wie ein Tor aus einem Eckball, dem eine Abseitsstellung voraus gegangen ist. Sehr wohl aber, wenn vor einem Treffer ein Spieler zum Beispiel den Ball auf der Mittellinie eindeutig mit der Hand gespielt hat. „Notwendig ist die unmittelbare Vergangenheit von Aktionen“, so Lechner. Wie weit man bei einer Torerzielung zu- rückgehen kann, legt der Passus „Angriffsphase mit Ballbesitz“ fest, der besagt: Der „Ausgangspunkt“ der prüfbaren Spielphase, welche zu einem Treffer, einer Strafraumsituation oder Vergehen, die zur Vereitelung einer offensichtlichen Torchance führte. Hierbei handelt es sich um den Beginn der Angriffsbewegung, die zum Treffer, zu einer Strafraumsituation oder zu einer Vereitelung einer klaren Torchance führte, und, falls relevant, wie der Ballbesitz zu Beginn dieser Spielphase zustande kam (jedoch keine Spielfortsetzung, die den Angriff einleitete). Lechner spricht einen weiteren wichtigen Punkt an. „Es geht um die Kamera-Positionen. Es ist wichtig, wie viele dem Schiedsrichter zur Verfügung stehen.“ Der richtige Winkel kann entscheiden, ob der Schiedsrichter auf dem Platz und der Referee im TV-Raum wirklich im Bilde sind. In Deutschland sitzt der VAR in Köln, in Österreich hat TV-Rechtehalter Sky schon angeboten, einen Operator-Raum zur Verfügung zu stellen. Möglich wären auch Übertragungs-LKWs vor den Stadien.

TAKTISCHES ELEMENT
Liga-Vorstand Ebenbauer liegen schon einige Angebote vor, sie müssen und werden in den nötigen Gremien besprochen. „Der frühestmögliche Start ist die Saison 2020/21, die jährlichen Kosten würden im siebenstelligen Bereich liegen.“ Nicht vergessen darf man die verpflichtenden Testspiele, mindestens 60 sind international vorgeschrieben. Ebenbauer: „Daher bedarf es einer umfangreichen Vorbereitung samt Schiedsrichter-Ausbildung in diesem Bereich.“ VdF-Vorsitzender Zirngast sieht in der Verwendung der Technologie einen zusätzlichen Vorteil für das Spiel an sich. „Die Trainer sollten die Möglichkeit haben, eine Challenge zu nehmen. Das würde mit einem taktischen Element zusätzlich Spannung ins Spiel bringen.“ Auch er sieht die Problematik aus den Erfahrungen aus der Deutschen Bundesliga. „Grundsätzlich ist wichtig, dass Aktionen vermehrt zu Ende gespielt werden, bevor man nachsieht. Pfeift der Schiedsrichter vorzeitig die Aktion ab, ist das Spiel unterbrochen, der VAR oft in Folge überflüssig.“ Die heimischen Liga-Kicker sind jedenfalls fast durch die Bank für die technische Hilfe. „Weil man Woche für Woche Fehlentscheidungen sieht, die sich mit dem VAR durchaus korrigieren lassen“, so Zirngast.

HÖHERER STELLENWERT
Nicht nur das Spiel an sich würde gerechter werden, auch die heimischen Schiedsrichter hätten einen konkreten Nutzen. „Es geht auch um die internationale Reputation unserer Schiedsrichter“, so Ebenbauer. „Wir alle wollen, dass sie in internationalen Bewerben tätig sind, daher wäre die Voraussetzung, dass sie auch in unserer Liga mit dem VAR schon vertraut sind.“ Lechner kann dem nur zustimmen: „Der VAR würde die Liga wie die Unparteiischen aufwerten.“ Somit stellt sich nicht die Frage, ob der Video-Beweis kommt, sondern vielmehr wann, in welcher Form und zu welchen Kosten. Die Antworten werden folgen.