VORAUSSETZUNGEN DER PAUSCHALEN REISEAUFWANDSENTSCHÄDIGUNG PRAE
Regelmäßig zahlen Sportvereine und -verbände an Trainer, Spieler, Betreuer oder Schiedsrichter sogenannte Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, kurz PRAE, aus.
Die PRAE kann anders als ein klassischer Aufwandersatz also pauschal und ohne Nachweis des tatsächlichen Reiseaufwands ausbezahlt werden, ist allerdings mit bis zu EUR 60,- pro Einsatztag, höchstens aber EUR 540,- pro Kalendermonat begrenzt. Dabei kann der Verein beispielsweise für einen Trainingseinsatz einen niedrigeren Betrag auszahlen als für einen Wettkampftag. Außerdem ist Voraussetzung für den Bezug der PRAE, dass die Tätigkeit, für die sie gewährt wird, nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle der Einnahmen jener Person bildet, die sie bezieht.
Wichtig: steuerfreies Kilometergeld darf neben der PRAE, die ja die Reisetätigkeit bereits pauschal abgilt, nicht ausbezahlt werden. Genau hier kam es zuletzt aber wieder zu einer falschen Handhabung, die sowohl den auszahlenden Verein als auch den Bezieher der PRAE noch teuer zu stehen kommen kann.
DIE PRAE ALS FIXUM
Das Oberlandesgericht Wien hatte sich in einer kürzlich ergangenen Entscheidung mit der rechtlichen Qualifizierung der Tätigkeit eines Trainers bzw. Standortleiters eines Sportverbandes und dessen Vergütung zu befassen. Dabei kam das Gericht zu dem Entschluss, dass zwischen dem Trainer und dem Sportverband ein unbefristetes Dienstverhältnis besteht und die in der Vereinbarung vorgesehene monatliche Entschädigung in Höhe von maximal EUR 540,- (PRAE) als ein „aufwandsunabhängiges Entgelt“ im Sinne eines „Fixums“ zu beurteilen ist. Was ist geschehen?
Zwischen den Vertragsparteien wurde für die Tätigkeit als sportlicher Standortleiter schriftlich eine monatliche Entschädigung in Höhe von maximal EUR 540,- vereinbart. Dabei wurde explizit darauf hingewiesen, dass die in der Vereinbarung vorgesehene Entschädigung kein Entgelt im Sinne des § 49 ASVG darstelle und somit auch keine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse durchgeführt werde. Darüber hinaus werde auch keine Meldung an das Finanzamt im Sinne des § 109a EStG erstattet. Außerdem wurde ausdrücklich festgehalten, dass es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handle und daher arbeitsrechtliche Bestimmungen auf das Vertragsverhältnis keine Anwendung finden würden.
Bis zur Übernahme der Tätigkeit als Standortleiter war der Kläger bereits als Trainer für den Verband tätig. Für diese Tätigkeit bezog er zunächst nur einen Fahrtkostenersatz basierend auf den Trainingstagen. Mit Beginn der Saison 2018/19 und der damit einhergehenden Erweiterung seines Tätigkeitsbereiches wurden dem Trainer zusätzlich (!) zu dem bis dahin gewährten Fahrtkostenersatz monatlich EUR 540,- als fixer Betrag unter dem Titel „PRAE“ ausbezahlt. Aufgrund personeller Umstrukturierungen wurde der Standortleiter Anfang des Jahres letztendlich abgelöst und folglich von allen Funktionen „freigestellt“. Der Standortleiter wäre einsatzbereit gewesen und forderte daher die noch offenen Zahlungen bis zum Ende des vereinbarten Vertragszeitraums. Der Verband war der Ansicht, dass keine weiteren Zahlungen gebühren. Darüber hatte das Gericht nun zu entscheiden.
Die zwischen den Parteien jährlich abgeschlossenen Vereinbarungen wurden – unbestritten – als befristete Dienstverträge qualifiziert. Der Trainer erhielt verbindliche Trainingspläne, die sowohl das Training als auch Zeit, Ort und Schwerpunkt vorgaben. Aufgrund der mehrmaligen Verlängerung der jeweils befristeten Dienstverträge wurden diese als unzulässiger Kettendienstvertrag qualifiziert, womit das OLG festgestellt hat, dass zwischen dem Sportverband und dem Trainer ein unbefristeter Dienstvertrag vorliegt. Die Tatsache, dass zuvor vertraglich festgelegt wurde, dass „arbeitsrechtliche Bestimmungen nicht zur Anwendung gelangen“ ist irrelevant. Es kann vertraglich nie vereinbart werden, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, es kommt hier lediglich auf den Inhalt der Tätigkeit an.
Von entscheidender Bedeutung für den Sport ist die durch das Gericht vorgenommene Einstufung der gewährten PRAE als „aufwandsunabhängiges Entgelt“. Im Ergebnis bedeutet dies im konkreten Fall, dass die monatlich an den Standortleiter ausbezahlten EUR 540,- nicht als pauschale Reiseaufwandsentschädigung anerkannt wurden, sondern dass es sich nach Ansicht des OLG entgegen der vertraglichen Vereinbarung sehr wohl um ein Entgelt im Sinne des § 49 ASVG handelt. Insofern hätte der Verband für den Standortleiter ein Lohnkonto führen sowie sozialversicherungsrechtliche Abgaben leisten müssen. Außerdem: Unabhängig davon, ob die Leistungen des Standortleiters in Anspruch genommen wurden, war der Verband verpflichtet das noch offene Fixum bis zum Ablauf der Vertragslaufzeit zu begleichen.
Im Klartext: Sobald die PRAE als monatliches Fixum qualifiziert wird, gilt diese als Entgelt im rechtlichen Sinne. Das hat mehrere Konsequenzen – sowohl für den Verein bzw. Verband als auch für den Sportler, Trainer und Betreuer (Dienstnehmer). Zum einen ist das Entgelt auch dann zu zahlen, wenn der Dienstnehmer zur Leistung bereit war und die Leistung durch Umstände, die auf Seiten des Dienstgebers liegen, nicht erbracht worden ist (Lohnausfallsprinzip). Dabei gebührt dem Dienstnehmer jenes Entgelt, das er bekommen hätte, wenn er wie bisher weitergearbeitet hätte. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass das Fixum steuer- und sozialversicherungsrechtlich wie ein Entgelt zu behandeln sein wird.
Die Folgewirkungen dieses – nicht letztinstanzlichen – Urteils sind für den heimischen Sportbereich noch nicht absehbar. Dem Urteil ist jedenfalls zu entnehmen, dass bei Zahlung einer monatlich gleichbleibenden pauschalen Reiseaufwandsentschädigung sowie zusätzlicher Leistungen, wie beispielsweise Fahrtkostenersatz, Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vorliegen. Ob dies auch dann zutrifft, wenn lediglich eine pauschale Reiseaufwandsentschädigung (max. EUR 540,- pro Monat) ohne jegliche Zusatzleistungen ausbezahlt wird, lässt das Urteil offen. Jedenfalls gilt aber beim Abschluss von Verträgen mit Sportlern, Trainern und Betreuern, für die die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Privilegierung der PRAE gelten soll, besondere Vorsicht. Im worst case drohen sonst nämlich sowohl dem Verein bzw. Verband als auch den Sportlern bzw. Betreuern teils schmerzliche Nachzahlungen.
Die jüngste gerichtliche Entscheidung zeigt wieder einmal auf, wie wichtig Rechtssicherheit für alle Beteiligten im Sport wäre. Nach wie vor herrscht viel Unklarheit über die Qualifikation einzelner Vertragsverhältnisse. Gerade ehrenamtliche Funktionäre sind mit den derzeit geltenden – teils unklaren Regelungen – überfordert. Einmal mehr wird deutlich, dass es im Sport klare, nachvollziehbare rechtliche Regelungen braucht.
Text: Sebastian Reifeltshammer LL.M (WU), Mitarbeiter der auf Sportrecht spezialisierten Kanzlei Christina Toth sowie Autor der Plattform LAW MEETS SPORTS.