Karriere

Coming out

Im vergangenen Oktober äußerte der australische Profifußballer Josh Cavallo öffentlich, homosexuell zu sein. Für viele keine außergewöhnliche Nachricht im 21. Jahrhundert – bei genauerer Betrachtung aber noch immer ein Schritt, der für zu viel Aufsehen sorgt.

Unsere Gesellschaft entwickelt sich glücklicherweise stets weiter. In manchen Bereichen schneller als in anderen. Als sich Justin Fashanu im Oktober 1990 über die englische Boulevardpresse als homosexu ell outet, erlebt die Fußballwelt, wie die Öffentlichkeit mit dem ersten aktiven schwulen Profi umgeht.

Am Outing zerbrochen
Die Folge waren weder mehr Akzeptanz noch weitere Outings – Fashanus Outing hätte das Potential gehabt, die Welt zu verändern, doch am Ende war die öffentliche Erklärung seiner sexuellen Orientierung viel mehr Thema, als sie jemals sein hätte dürfen. Fashanu konnte nie wieder an die Leistungen von früher anschließen, spielte in Ländern wie den USA, Schottland, Schweden und sogar in Neuseeland, ehe er ein zweites Mal in den USA angekommen als Jugendtrainer anheuerte. Bald wurde er beschuldigt, einen Minderjährigen sexuell missbraucht zu haben. Er dementierte, hörte von einem angeblichen Haftbefehl gegen ihn und nahm sich 1998 das Leben. Zu einer Anklage wäre es aus Mangel an Beweisen nie gekommen. Fashanu hatte sich seit seinem Outing verfolgt gefühlt, Fashanu war an seinem Outing zerbrochen.

In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Welt einen Robbie Rogers, der bei LA Galaxy als offen homosexueller Fußball aktiv war, hörte Thomas Hitzlsperger zu, der nach seinem Karriereende offen über gleichgeschlechtliche Liebe sprach – und doch ist das Outing eines jungen australischen Kickers im Oktober 2021 einmal mehr alles andere als eine Randnotiz in der Öffentlichkeit. Ziemlich genau 31 Jahre nach Fashanu bekennt der 22-jährige Josh Cavallo öffentlich, schwul zu sein. „Es ist in Ordnung, du selbst zu sein und Fußball zu spielen. Es ist in Ordnung, schwul zu sein und Fußball zu spielen“, richtet er per Videobotschaft aus.

Katar stellt Homosexualität unter Strafe
„Ich konnte das Leben als straighter Fußballer nicht genießen“, sagt Cavallo nur kurze Zeit später. Und auch lässt er bald darauf wissen, dass er Angst habe, im Winter 2022 bei der WM in Katar zu spielen, sollte Australien sich qualifizieren und er einberufen werden. Homosexuelle Akte sind im Gastgeberland der nächsten WM verboten.

Ganz egal, ob einst Fashanu, Rogers und Hitzlsperger oder nun Cavallo – für alle gilt, dass sie in ihrer Rolle als geoutete (Ex-) Profifußballer großen Mut bewiesen haben und die gesellschaftliche Weiterentwicklung unterstützen. Allerdings sind sie auch Beweis dafür, dass diese Entwicklung nicht in allen Lebensbereichen schnell genug voranschreitet. Während an nahezu allen Arbeitsplätzen die sexuelle Orientierung heutzutage glücklicherweise bedeutungslos ist, müssen schwulen Kickern dieser Tage noch immer viel zu viele aufklärende Berichte wie dieser hier gewidmet werden.

 
Text: Peter K. Wagner
Media: maenner.media