Österreichs Damen-Nationalteam hat sich erstmals für eine EM-Endrunde qualifiziert – ein historischer Coup, nachdem man vor zwei Jahren noch im Ausscheidungsspiel an Russland gescheitert war. In Gruppe C trifft man somit 2017 in den Niederlanden auf Frankreich, die Schweiz und: Island. Der Ball liegt – nach einer verkorksten EM der Männer – sprichwörtlich beim Team rund um Bayern-Legionärin Viktoria Schnaderbeck. Eine „Huh“-Erfahrung in der Familie ist genug, schließlich war Cousin und FC Watford-Legionär Sebastian Prödl bei der schmerzhaften 1:2-Niederlage gegen die Isländer mit von der Partie. Mit dem SPIELER sprach Viktoria Schnaderbeck aber nicht nur über ihre fußballerisch begabte Familie, sondern auch über den Umgang mit Vorurteilen, Entwicklungen im Frauenfußball und das Leben als Profifußballerin. Und Kernöl. Schließlich ist Viktoria Schnaderbeck eine bodenständige Steirerin mit Geschmack.
Mit dem ÖFB-Frauenteam habt ihr es den Männern nachgemacht und euch erstmals für eine Europameisterschaft qualifiziert – herzliche Gratulation! Wie war die Stimmung nach dem Wales-Spiel, als die EM-Teilnahme fixiert wurde?
Viktoria Schnaderbeck: Die Stimmung war natürlich dementsprechend gut. Wir haben zuerst noch am Platz gefeiert und danach in der Kabine mit dem gesamten Trainerteam. Im Hotel haben wir einen eigenen Raum mit Bar zur Verfügung gestellt bekommen, sodass wir geschlossen noch in die Nacht hineinfeiern konnten.
Angefangen hat deine eigene fußballerische Geschichte beim TSV Kirchberg in der Steiermark. Wie bist du zum Fußball gekommen?
Viktoria Schnaderbeck: Ich bin vor allem durch meine Freunde und Klassenkollegen zum Fußball gekommen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die ersten Trainingseinheiten, die mir damals schon richtig viel Spaß gemacht haben.
Wie bist du in einer Zeit, in der Frauenfußball noch nicht dementsprechend emanzipiert war, mit Vorurteilen umgegangen?
Viktoria Schnaderbeck: Ehrlich gesagt habe ich diese meistens ignoriert. Ich habe eher versucht eine sportliche Antwort zu geben.
Wie ist dann der Wechsel nach München zustandegekommen? Musstest du lange überlegen, die Heimat zu verlassen?
Viktoria Schnaderbeck: Natürlich habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Vor allem habe ich viel mit meiner Familie und meinen engsten Freunden gesprochen. Letztendlich bin ich aber meinem Bauchgefühl und meinem großen Traum gefolgt.
In München hat sich mittlerweile eine Österreicherinnen-Community gebildet. Wie sehr hat dir das dein Leben in Deutschland erleichtert?
Viktoria Schnaderbeck: Der FC Bayern ist sportlich gesehen eine Top-Adresse im Frauenfußball. Darüber hinaus hat man auch die Nähe zu Österreich, was den Reiz des Vereins für Österreicherinnen schnell erklärt. Für mich persönlich ist es sehr viel wert, dass mit Carina (Wenninger) und Manuela (Zinsberger) zwei weitere Spielerinnen in München sind, die vor allem auch sehr wichtige Personen in meinem Privatleben sind.
Wie kann man sich dein Leben als Profifußballerin vorstellen?
Viktoria Schnaderbeck: Wir trainieren im normalen Saisonrhythmus sieben Mal plus ein Spiel. In der Vorbereitung kommen wir auf circa neun bis zehn Trainingseinheiten pro Woche sowie zusätzlich ein Spiel. Natürlich bleibt zwischen den Trainingseinheiten noch Zeit. Die nutze ich entweder für mein Studium oder verbringe diese Zeit auch sehr gerne mit meinen Freunden oder bin in der Stadt.
Wie nah bist du an den Profis des FCB dran, inwiefern gibt es Berührungspunkte?
Viktoria Schnaderbeck: Wir trainieren an unterschiedlichen Trainingsorten, wodurch wir sportlich gesehen nicht viele Berührungspunkte haben. An der Säbener Straße essen wir allerdings zu Mittag und dort ist auch unsere Geschäftsstelle untergebracht. Da läuft man den Männern schon das ein oder andere Mal über den Weg. Sonst sieht man sich vor allem bei offiziellen Terminen und Veranstaltungen des Vereins.
Wo machst du die größten Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball fest?
Viktoria Schnaderbeck: Natürlich ist der große Unterschied das Finanzielle. Männer verdienen deutlich mehr, die Vereine generieren aber durch Ticketing, Merchandising, Sponsoring, usw. auch deutlich mehr. Ich glaube der Frauenfußball zeichnet sich dadurch aus, dass er nahbarer ist. Bei uns kann man Fotos nach dem Spiel machen oder kurz mit uns plaudern. Beim Frauenfußball ist alles persönlicher. Das ist für mich der größte Unterschied.
Wo siehst du noch Nachholbedarf in der Außendarstellung des Frauenfußballs?
Viktoria Schnaderbeck: Es hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Gerade in Deutschland hat die Allianz mit dem Liga-Sponsoring einige Vereine vorangebracht, vor allem in puncto Professionalität. Dennoch ist es wichtig, dass man gewisse Mega-Events und Spiele im Frauenfußball noch besser nutzt, um diese zu vermarkten und den Frauenfußball dadurch auch mehr an die Öffentlichkeit zu bringen.
In einem Interview hast du einmal gemeint, dass du männliche Trainer Trainerinnen vorziehst. Unter anderem aufgrund des Näheverhältnisses, das Übungsleiterinnen schnell zu den Spielerinnen aufbauen…
Viktoria Schnaderbeck: Ich glaube, man kann das nicht pauschal sagen. Das ist auch Typsache. Aber generell finde ich es sehr wichtig, einen nötigen Abstand zu wahren, um sowohl Disziplin aber vor allem auch Respekt zu bewahren.
Mittlerweile darfst du dich mit deinem Team zweifacher Deutscher Meister und auch Cupsieger nennen. Zudem bist du Kapitänin des Nationalteams und für die EM qualifiziert. Welche Ziele steckst du dir für die nächsten Jahre?
Viktoria Schnaderbeck: Ich will auf Vereinsebene in der Champions League so weit wie möglich kommen. Aber ein klares Ziel ist es, dass wir uns bei der EM 2017 von der besten Seite zeigen und eine Rolle spielen.
Was ist am Klischee des Zickenkriegs in der Kabine dran?
Viktoria Schnaderbeck: Um ehrlich zu sein habe ich noch keinen Zickenkrieg miterlebt. Bei uns rennt eher ein guter Schmäh.
Wie wichtig ist dir Mode und wieviel Raum nimmt dieses Thema in der Kabine bei euch ein?
Viktoria Schnaderbeck: Da gibt es auch Unterschiede. Die eine legt mehr Wert darauf, die andere weniger. Aber generell bin ich persönlich sehr an Fashion und auch Lifestyle interessiert, ohne dass ich ständig den neuesten Trends folgen muss.
Wer braucht demnach vor dem Anpfiff länger in der Kabine – Cristiano Ronaldo, Lukas Rotpuller oder Viktoria Schnaderbeck?
Viktoria Schnaderbeck: Ich weiß nicht wie lange Ronaldo oder Rotpuller brauchen. Ich weiß nur, dass ich eigentlich ziemlich schnell bin.
Hast du in sportlicher Hinsicht weibliche Vorbilder oder orientierst du dich eher bei den Männern?
Viktoria Schnaderbeck: Ich persönlich habe männliche Vorbilder. Aber im Mädchenfußball gab es viele Spielerinnen, die auch Frauenfußballerinnen als Vorbilder hatten.
Apropos Vorbilder: Da könnten auch einige aus der eigenen Familie herhalten. Mit Bruder David, Cousin Sebastian Prödl sowie Cousine Paula Kicker hast du rund um dich weitere FußballerInnen. Wie regelmäßig tauschst du dich mit ihnen aus und wie darf man sich ein Großfamilientreffen bei euch hinsichtlich der Gesprächsthemen vorstellen?
Viktoria Schnaderbeck: Ich bin auch die Firmpatin von Paula und habe daher ein sehr gutes Verhältnis. Aber auch mit Basti bin ich regelmäßig in Kontakt. Natürlich dreht sich bei den Familienfeiern sehr viel um Fußball. Ich persönlich bin aber immer froh, wenn wir auch über andere Dinge sprechen.
Was gönnst du dir in der trainingsfreien Zeit in der Heimat?
Viktoria Schnaderbeck: Ein Hühnerschnitzel mit Pürree und Vogerlsalat mit Kernöl von der Mama. Papa, Oma, Opa und Co verwöhnen mich auch so sehr, dass es mir daheim schon wirklich sehr gut geht.
Wie wirst du das Weihnachtsfest begehen und was wünscht du dir?
Viktoria Schnaderbeck: Weihnachten werde ich zuhause bei meiner Familie verbringen. Da ich im Moment verletzt bin, ist mein größter Wunsch Gesundheit.
Das wünschen wir dir natürlich auch! Herzlichen Dank für das Interview!
